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Uruguay Fahne & Weinbauregionen in Uruguay

Weinbau in Uruguay: Temperaturkontrolle; einstmals (vor 150 Jahren) anders

Auf einer Reise mit dem britischen Circle of Wine Writers besuchte ich in Südamerika auch Uruguay, wo die ursprünglich in Südfrankreich (Madiran und Irouléguy) beheimatete Rebe Tannat eine neue Heimat gefunden hat. Etwa 1.600 der insgesamt 10.000 ha Rebflächen in Uruguay sind mit Tannat bepflanzt, der hier besonders gut gedeiht. Höhepunkt unserer Reise war, abgesehen von unzähligen Verkostungen des Tannats und anderer Weine, darunter gar Raritäten wie sortenrein ausgebauter Sauvignon Gris und Petit Verdot, der Besuch eines der wenigen, außerhalb des Hauptanbaugebiets bei Canelones gelegenen Weingüter.

Dieses im Jahr 1854 gegründete Anwesen Los Cerros de San Juan dürfte das älteste Weingut Uruguays sein. Es wurde von der aus Deutschland eingewanderten Weinbauern-familie Lahusen errichtet, die sich hier zwischen den Flüssen San Juan und Plate nieder-ließ. Die Lahusens heuerten Irländer für die Viehzucht an, Deutsche für die Forstwirtschaft, und Italiener und Franzosen für den Weinbau. Auch noch heute wohnen die Arbeiter und Dienstleute auf dem Anwesen, das ursprünglich 11.000 ha umfaßte, das aber durch Erbteilungen und Verkauf auf nunmehr 200 ha reduziert wurde.

Paeso del vino

Wie schon früher, stellt auch heute noch die Viehzucht die Haupttätigkeit der Farm dar. Denn der karge Boden, der als Flußbett des Rio Plata geschaffen wurde, eignet sich als Weideland  –  und auch zur Anlage von Sandgruben  –   doch nicht für eine landwirtschaftliche Bodenbearbeitung. Die nahe Provinzhauptstadt Colonia del Sacramento mit ihrem Hafen und ihrer Fähre nach Buenos Aires, das gegenüber am anderen Ufer des Rio Plata gelegen ist, versprachen gute Absatzmärkte. Die Lahusens gründeten ein eigenes Fährunternehmen, errichteten eine Herberge, exportierten Sand und Holz an die Bauindustrie von Buenos Aires, wie auch ihre anderen Produkte.

Der sandige und an Flußsteinen reiche Boden, der geographische Breitegrad, und das vom Südatlantik beeinflußte Klima boten ähnliche Bedingungen für den Anbau von Wein wie Bordeaux.

Der sandige und an Flußsteinen reiche Boden, der geographische Breitegrad, und das vom Südatlantik beeinflußte Klima boten ähnliche Bedingungen für den Anbau von Wein wie Bordeaux. Deshalb hatten hier bereits im Jahre 1724 jesuitische Missionsbrüder  Weinbau betrieben. Auch die Lahusens pflanzten hier ihre aus Europa mitgebrachten Reben, doch keine der sonst in ganz Südamerika populär gewesenen amerikanischen non-vinifera Reben wie Concorde und Isabella.

Auch in der Kelterung ihrer Weine erwiesen sich die Lahusens als weitsichtig. Sie erkannten, daß hohe Temperaturen zur Zeit der Gärung die Qualität der Weine beeinträchtigten. Sie errichteten deshalb unter der Kelterei ein Wasserreservoir, das sie im Winter mit Regenwasser füllten, und im Herbst durch Zusatz von Eisblöcken, die sie in einer Eisfabrik in Colonia kauften, kühlten. An den Wänden des Reservoirs brachten sie Kupferrohre an, durch die der Wein floß und somit gekühlt werden konnte. Für das Pumpen des Weines  –   es gab ja noch keine elektrischen Pumpen  –   wurde ein Fahrradpedalsystem benutzt. Die Fässer kamen aus dem Schwarzwald und aus Nancy. Die Qualität der Weine sicherte ihnen einen ersten Platz auf dem Markt.

Dr. Jochen Erler

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