GENUSSBLICK ÜBER DIE GRENZEN: Einzigartige Weinsorten, die man sonst nirgends findet.
Mitten im Friaul, am Fuße der friulanischen Dolomiten und an den Ufern des Tagliamento, liegt ein ganz besonderes Weinbaugebiet, das von der Begeisterung, dem aufrichtigen Interesse und dem Know-how seiner Besitzer lebt. Im Gespräch mit Lorenzo Bulfon dürfen wir Ihnen dieses Ausnahme-Weingut vorstellen.
Das Große Holzfass – die Barriques
Schöne Worte, aber was steckt dahinter – eine unbekannte Welt. Das Holzfass begleitet den Wein seit über 1.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung. Es ersetzte die Schläuche (z.B. Därme) wie im Alten Testament beschrieben und später die Tongefäße, Amphoren wie jene aus dem Grab von Tutanchamun.
Zum Wein an sich: Die Weine aus der Zeit des Alten Testaments hielten im Idealfall bis zur nächsten Lese. Die Tonbehälter, die Amphoren, dienten zu sicheren Haltbarkeit und wurden so gut als möglich verschlossen. Es ist nicht gesichert, wie der Wein ohne Zugaben von Reduktionsmitteln, die den Faulprozess verzögern, geschützt wurde. Es könnte durchaus, wie heute, schon Schwefel gewesen sein.
Es entwickelten sich zwei Verfahren. Im ersten wurden die Trauben abgebeert, um reinen Saft zu bekommen; dieses Verfahren dürfte so alt wie der Wein selbst sein. Im zweiten Verfahren wurden die Trauben mit den Rappen in Tonbehälter gefüllt, um sie über 10 bis 15 Jahre in der Erdtemperatur reifen zu lassen. Diese Vorgehensweise ist von den Kwewri, speziellen Tonkrügen aus Georgien, bekannt. Das Wesentliche dabei: Tongefäße sind nicht völlig gasdicht und erlauben in der Zeit der Fassreife eine geringere Oxidation, die der Wein für seine Entwicklung benötigt. Das Holzfass teilt mit den Tonbehältern die wichtige Eigenschaft hinsichtlich der geringen Oxidation, die für die Endreife maßgeblich ist, und hat zusätzlich den Vorteil der Isolation durch das Holz, um Temperaturschwankungen zu verhindern, sodass der Wein in Ruhe reifen kann.

Ein Zwischenschritt
Von Natur aus ist Wein ein lebendes Produkt, das sich über Jahrzehnte entwickelt. Österreichs erster 100 Parker-Punkte Wein von Saahs in Mautern reifte 17 Jahre im Fass – unvorstellbar in der heutigen schnellen Welt – ist aber die Voraussetzung für ganz große Erlebnisse. Extrem und unglaublich ist auch das Beispiel von Esterhazy, wo ein Wein über 300 Jahre im Fass lagerte (ist belegfähig). Natürlich verdunstet der Wein in geringen Mengen und deshalb wurde immer mit Weinen der nächsten Lese nachgefüllt; dadurch wurde der gesamte Inhalt immer wieder neu belebt. Zumindest von der Beschreibung her soll dieser Wein etwas ganz Großes gewesen sein.
Bis auf die Chateaus in Bordeaux ist dieser Weg heute eher ein Mythos, der sich auch in den Preisen niederschlägt: Chateau Latour 1985 um günstige 2.320,50 Euro; natürlich auch mit einer billigen Kategorie um die 500 Euro. Dieser Weg beruht ausschließlich auf dem Holzfass, das durch schwache Oxidation das Leben des Weines ermöglicht. Die zu über 98 % im Einsatz befindlichen Stahltanks sind gasdicht und schließen so die weitere Entwicklung von vornherein aus.
Das Holzfass
Es beginnt mit einem großen empirischen Wissen des Küfers (Binders). Nur wenige Eichen sind dafür geeignet, denn bei einem großen Holzfass dürfen keine Fremdgeschmäcker durch das Fass entstehen. Es genügt eine Daufel mit Harzkanälen um den Inhalt negativ zu verändern. Das hieß einst: der Wein hat ein Windtürl, und er galt dann gesetzlich als verdorben. Die Schwierigkeit liegt in der Reinigung – durch das kleine Türl muss der Winzer mit einer besonderen Anleitung hineinkriechen, der Kleinste der Familie hatte diese Aufgabe – mit den Händen über Kopf und Stück für Stück durch dieses kleine Loch in das Fass zu kommen und mit einer Bürste akribisch die Reste des vorhergehenden Weins sowie den Weinstein zu entfernen, bis das Holz blank liegt.


Das Holzfass bedeutet also: Aufwand und Kosten pur. Ein Holzfass hat vier- bis fünfmal höhere Kosten als ein Edelstahltank mit gleicher Inhaltsgröße. Wobei die Pflege das allergrößte Problem ist, fast wöchentlich die Fässer abzuwischen und mit Fassöl feuchten Keller gegen Schimmelpilzen einzulassen. Im Leerzustand laufend mit Schwefelschnitten zu konservieren, dann vor Neubefüllung eine totale präzise Reinigung bis zum puren Holz ist die Realität dieser Lagerung.
Ein Mittelweg
Weine, die wirklich aus der Holzfassreife kommen, sind durch diesen Prozess mit 4 bis 6 Euro mehr belastet als jene aus einem Stahltank. Dass deshalb nur mehr sehr wenige Winzer mit dieser Methode arbeiten, ist verständlich. Doch es hat sich eine Hybdrid-Methode entwickelt: Pressen, Vergären, Lagern im Stahtank und dann ein Jahr Ruhe im Holzfass, um die große Endreife zu bekommen. Zum Beispiel der Rhein Riesling: einst der beste Wein der Welt mit einer eigenen Note der Blume wird auch im Stahltank ein guter Wein, aber ohne der Raffinesse, die ihn früher auszeichnete. Deshalb legt man ihn zumindest ein halbes Jahr ins große Holzfass zur Reife. Immerhin acht Betriebe in Österreich gehen diesen Weg konsequent.
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